TANGRAM 35

Psychosoziale Folgen des Rassismus: Untersuchungen zur Stigmatisierung

Autor

Pascal Wagner-Egger ist Lektor und Ko-Leiter des Bereichs Psycholinguistik und Angewandte Sozialpsychologie der Universität Freiburg.
pascal.wagner@unifr.ch

Die berühmte soziologische Untersuchung von Clark & Clark (1947) hat gezeigt, dass dunkelhäutige Kinder im Alter zwischen drei und sieben Jahren vorzugsweise mit weissen Puppen spielen, was darauf hindeutet, dass bereits sehr kleine dunkelhäutige Kinder an einem Gefühl der Minderwertigkeit leiden.

Allerdings konnte die sozialpsychologische Forschung der letzten 20 Jahre nicht nachweisen, dass stigmatisierte Personen ein geringeres Selbstwertgefühl haben als nicht stigmatisierte. Tatsächlich entwickeln stigmatisierte Personen gewisse Strategien, um ihr gefährdetes Selbstwertgefühl zu stärken. So spielen beispielsweise die Unterstützung, die sie in der eigenen Gemeinschaft finden, und der selektive Umgang mit Informationen über sich selber für die Konstruktion ihrer Identität eine wesentliche Rolle. Die Forschung konnte drei Strategien beobachten und messen: a) den Vergleich mit anderen, ebenfalls stigmatisierten Individuen und nicht mit Mitgliedern dominanter Gruppen, b) die Zuschreibung negativer Erfahrungen auf Vorurteile und Diskriminierungen und nicht auf eigene Defizite sowie c) die Vermeidung stigmatisierender Erfahrungen.

Diese Strategien genügen allerdings nicht, wenn die Stigmatisierung sehr tiefgreifend ist. Eine Meta-Analyse von 134 Studien schloss auf negative physische und psychische Folgen der Diskriminierung mit einem stressähnlichen Syndrom, das zu Verstimmung und Depression führt.

Drei Typen von Reaktionen auf Diskriminierung wurden identifiziert: (1) prosoziale Reaktionen, (2) Rückzug und Vermeidung und (3) antisoziale Reaktionen wie Aggressivität. Andere Forschungen zeigen, dass die Reaktionen auf die Diskriminierung auch von der vorherrschenden Ideologie abhängen. So kann die Diskriminierung fatalerweise sogar für die Opfer unerkannt bleiben.