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Dr. Dieter Kläy ist Ressortleiter Arbeitsmarkt und Berufsbildung sgv sowie Mitglied der Eidgenössischen Migrationskommission EKM. d.klaey@sgv-usam.ch. Dr. Ruedi Horber ist Mitglied der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus EKR. r.horber@gmx.ch
Der Schweizerische Gewerbeverband sgv als grösster Dachverband der Schweizer Wirtschaft trägt mit der Integrationsleistung von Arbeitsmarkt und Berufsbildung viel zur Verhinderung von Diskriminierung und strukturellem Rassismus bei. Neue staatliche Regulierungen und Quoten bei Stellenbesetzungen lehnt der sgv jedoch ab.
Viele Unternehmen, aber auch Institutionen der Berufsbildung wie Organisationen der Arbeit und Berufsfachschulen treffen wirksame Massnahmen gegen Diskriminierung und rassistisches Gedankengut.
Integration in die Gesellschaft im Allgemeinen und in die Arbeitswelt im Besonderen ist ein komplexer und primär individueller Vorgang. Die Gesellschaft stellt Integrationsforderungen an die Arbeitgeber und die Institutionen der Berufsbildung. Personen aus fremden Kulturkreisen sollten sich aber als Individuen integrieren und bedürfen dazu in erster Linie der individuellen Unterstützung.
Für eine erfolgreiche Arbeitsintegration sind viele Faktoren ausschlaggebend. Von besonders grosser Bedeutung sind deren drei: 1. Kenntnisse einer Landessprache auf einem vertretbaren Niveau, um überhaupt im Arbeitsmarkt Fuss fassen zu können. 2. Die Bereitschaft, eine Arbeit anzunehmen, eine Aus- oder Weiterbildung zu machen und sich den entsprechenden Zielsetzungen unterzuordnen. 3. Die Bereitschaft, unsere freiheitliche Gesellschaftsordnung zu respektieren und sich unserer Arbeitskultur und ihren gängigen Regeln anzupassen.
In den vergangenen Jahren haben diverse Branchen wie z.B. die Gastronomie, die Hotellerie oder das Reinigungsgewerbe Projekte zur Arbeitsmarktintegration lanciert. Die Lerninhalte sind darauf ausgerichtet, den Einstieg in eine EBA- (Berufsattest) oder EFZ-Lehre (Fähigkeitszeugnis) zu erleichtern. Bereits 2001 hat der sgv einen Integrationsleitfaden veröffentlicht.
Mit dem Pilotprogramm «Integrationsvorlehre» werden seit August 2018 Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene gezielt und praxisorientiert auf eine Berufslehre vorbereitet. Seit Beginn der Ukrainekrise haben Personen mit Schutzstatus S ebenfalls Zugang. Der sgv und viele Branchen engagieren sich in den entsprechenden Gremien zur Weiterentwicklung der Integrationsvorlehre.
Eine besondere Integrationsleistung kommt privaten Stellenvermittlern und Verleihfirmen zu. Über den Personalverleih kann das Potenzial ausländischer Arbeitnehmenden noch besser ausgeschöpft werden.
Der sgv unterstützt das strategische Ziel, vorhandenes Arbeitskräftepotenzial mit Migrationshintergrund noch besser in die Arbeitswelt zu integrieren. Mit einer fundierten beruflichen Grund- und Weiterbildung kann der Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit über Jahre hinaus sichergestellt werden.
In Zusammenarbeit mit den Organisationen der Arbeit hat der sgv in den vergangenen Jahren viele Anstrengungen unternommen, die Qualifizierung der Berufsleute zu verbessern. Das beginnt bereits mit der Berufswahl. Von rund 200 Berufen wurden die schulischen Anforderungsprofile erhoben und mit typischen Berufssituationen versehen, die direkt vergleichbar abgerufen werden können. Mit dem individuellen Kompetenznachweis (IKN) wird leistungsschwächeren Personen eine zweijährige berufliche Grundbildung mit eidgenössischem Berufsattest (EBA) ermöglicht. Der IKN schafft neu die Möglichkeit, die Kompetenzen der Betroffenen in einem standardisierten Verfahren zu erfassen und in einem anerkannten Dokument auszuweisen.
Zudem nimmt der sgv seine Verantwortung im Rahmen permanenter Informations- und Sensibilisierungsmassnahmen zu den Themen (höhere) Berufsbildung, Weiterbildung und Standortbestimmung wahr.
Mit einer möglichst hindernisfreien Integration am Arbeitsplatz oder in der beruflichen Grund- und Weiterbildung kann strukturellem Rassismus und Diskriminierung vorgebeugt werden. Die Möglichkeit, eine anerkannte Arbeit verrichten zu können, verleiht den Arbeitnehmenden Selbstsicherheit und Sozialprestige. Die Verantwortung zur erfolgreichen Integration liegt aber auch bei jedem Individuum selbst. Die Aneignung einer Landessprache und die Bereitschaft, die hiesige Arbeitskultur in Bezug auf Umgang und Pünktlichkeit zu übernehmen, begünstigen die Integration und schützen vor Ausgrenzung. Quoten bei Stellenbesetzungen oder anderweitige staatlich verordnete Regulierungen lehnt der sgv jedoch ab.
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www.sgv-usam.ch