Autorin
Martine Brunschwig Graf ist Präsidentin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus EKR
Die Bekämpfung von Rassismus und Hassreden ist eine Aufgabe, die uns alle betrifft. Dafür sind nicht nur die Behörden oder die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus zuständig, sondern sie muss von allen Bürgerinnen und Bürgern mitgetragen werden, denn es handelt sich dabei um eine gesamtgesellschaftliche Angelegenheit.
Die Erhebung «Zusammenleben in der Schweiz» (Ausgabe 2017) des Bundesamtes für Statistik zeigt uns, dass in den Augen der Bevölkerung die Verantwortung für die Bekämpfung des Rassismus bei den Behörden liegt (29.7%), aber auch bei jeder einzelnen Bürgerin und jedem einzelnen Bürger (29.6%). Man muss sich daher die Frage stellen, wie diese Verantwortung von der Zivilgesellschaft wahrgenommen werden kann. Der Sport ist dabei natürlich ein naheliegender Bereich, da er sowohl von Amateuren als auch von Profis betrieben wird.
Wir sind uns alle darüber einig, dass die Profisportler für die Jugendlichen eine Vorbildfunktion haben. Ihr Verhalten beeinflusst sie, im und neben dem Sport. Dies ist der Grund, weshalb die EKR in dieser TANGRAM-Nummer die Sportlerinnen und Sportler und ihre Verbände zu Wort kommen lässt.
Wir haben uns auch dafür interessiert, was wissenschaftliche Analysen über Rassismus im Sport ergeben haben. Ich möchte an dieser Stelle Patrick Clastres, Assistenzprofessor am Institut für Sportwissenschaft an der Fakultät für Sozial- und Politikwissenschaft der Universität Lausanne, zitieren: «Allgemein leidet der westliche Amateursport noch mehr unter Rassismus als der Profisport.»
Patrick Clastres legt den Finger auf einen wunden Punkt. Der Rassismus macht vor dem Sport nicht Halt, er ist nicht nur bei einigen stark mediatisierten Anlässen bemerkbar, und auch nicht nur bei den Hooligans, diesen Fans, für die der Sport als Vehikel für rassistische Ideen und Gewalt dient.
Wir möchten in dieser TANGRAM-Ausgabe einige Persönlichkeiten und interessierte Kreise zu Wort kommen lassen, die sich mit Sport und dem Problem des Rassismus auseinandersetzen. Die EKR dankt an dieser Stelle allen, die sich die Zeit genommen haben, über dieses Thema zu reflektieren. Bei der Arbeit an dieser TANGRAM-Nummer hat sich gezeigt, dass der Rassismus im Sport nicht überall als Problem empfunden wird. Das heisst nicht, dass Rassismus und Rassendiskriminierung im Sport nicht vorkommen.
Für die Rassismusbekämpfung braucht es eine ehrliche und offene Prüfung der Situation ohne alle Selbstgefälligkeit. Es kann nicht das Ziel sein, die Sportwelt als rassistisch abzustempeln, sondern anzuerkennen, dass es auch hier Rassismus und Diskriminierung gibt. Diese Erkenntnis ist nötig, damit Präventions- und Bekämpfungsmassnahmen ergriffen werden können.
Wie überall geht auch im Sport die Bekämpfung des Rassismus alle etwas an. Die Opfer müssen sich äussern können und angehört werden, die Klub- und Verbandsleitungen müssen ihren Willen zur Bekämpfung des Rassismus klar und deutlich bekunden, Sportler, Zuschauer und Fans müssen den Hassreden eine Absage erteilen.