Nicht jede rassistische Äusserung oder Handlung ist strafbar. Es ist nicht die Aufgabe des Strafrechts, Menschen zu sagen, was moralisch richtig oder falsch ist. Vielmehr besteht der Zweck des Strafrechts darin, Verhalten zu sanktionieren, welches das friedliche Zusammenleben in einer Gemeinschaft auf Dauer gefährdet.
Rassistische Äusserungen erreichen dann die sozial schädliche Schwelle, wenn einem Menschen oder einer Menschengruppe in der Öffentlichkeit das gleichberechtigte Dasein oder die Existenzberechtigung wegen einer anderen Hautfarbe, Ethnie oder Religionszugehörigkeit abgesprochen wird. Sanktioniert werden also nur rassendiskriminierende, entwürdigende und den sozialen Frieden auf Dauer gefährdende Äusserungen in der Öffentlichkeit.
Die einzelnen Tatbestände des Art. 261bis StGB verbieten:
1. Aufruf zu Hass und Diskriminierung
Wer in der Öffentlichkeit gegen eine Person oder eine Menschengruppe wegen ihrer „Rasse“, Ethnie oder Religion zu Hass oder Diskriminierung aufruft, kann sanktioniert werden.
Beispiel: Antisemitische Hetzschriften oder Beiträge, die zu Hass oder Diskriminierung gegen Muslime aufrufen.
2. Verbreiten einer Ideologie bzw. Propagandaaktionen, die Menschen oder Gruppen verleumden oder systematisch herabsetzen
Strafrechtlich verboten ist die öffentliche Verbreitung von Ideologien, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung der Angehörigen einer Rasse, Ethnie oder Religion gerichtet sind.
Beispiele:
3. Rassistische Beschimpfung, Gebärden, Tätlichkeiten, die eine Person in ihrer Würde herabsetzen
Personen, die Menschen oder Menschengruppen wegen ihrer „Rasse“, Ethnie oder Religion öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderen gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzen oder diskriminieren, können bestraft werden.
Beispiel: Einer Muslima wird auf offener Strasse das Kopftuch heruntergerissen und sie wird als „Abschaum“ beschimpft.
4. Leugnung, Verharmlosung oder Rechtfertigung von Genozid oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Menschen, die Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnen, gröblich verharmlosen oder zu rechtfertigen suchen, können rechtlich bestraft werden. Beispiele:
5. Verweigern einer Leistung, die für die Öffentlichkeit gedacht ist
Strafrechtlich verboten ist die Verweigerung einer für die Allgemeinheit bestimmten Leistung wegen der Rasse, Ethnie oder Religion einer Person oder Personengruppe. Beispiel: Ausweisung einer dunkelhäutigen Person aus einem Geschäft oder Restaurant.
Kein Verstoss gegen die Rassismusstrafnorm liegt bei rassendiskriminierenden Handlungen im Privaten vor. Als privat sind Äusserungen anzusehen, die in einem Umfeld erfolgen, das sich durch persönliche Beziehungen oder durch besonderes Vertrauen (z.B. Familien- und Freundeskreis) auszeichnet.
Zulässig ist auch die Verweigerung einer Waren- oder Dienstleistung wie z.B. die Eintrittsverweigerung in eine Bar oder Disco, wenn ein sachlicher Grund besteht. Sachliche Gründe sind beispielsweise Gewalttätigkeiten oder aggressives oder unfreundliches Verhalten einer bestimmten Person gegenüber anderen Discobesuchern.
Zum AnfangLetzte Aktualisierung: 28.01.2019