TANGRAM 42

Zwischen Offenheit und Distanz

Bevölkerung bewertet Themen Integration und Rassismus differenziert

Peter, Theodora

Mehr als die Hälfte der Schweizer Wohnbevölkerung ist der Überzeugung, dass die Integration der Migrantinnen und Migranten in der Schweiz gut funktioniert. Doch fast zwei Drittel erachten Rassismus als ernstes gesellschaftliches Problem.

Das Bundesamt für Statistik (BFS) hat im Jahre 2016 erstmals eine Erhebung zum Zusammenleben in der Schweiz durchgeführt. Dabei gaben 36 Prozent der Wohnbevölkerung an, sich durch die Anwesenheit von als «anders» empfundenen Personen – beispielsweise mit anderer Nationalität, Religion oder Hautfarbe – gestört zu fühlen. 16 Prozent fühlen sich durch Ausländerinnen und Ausländer bedroht. Allgemein zeigt sich die Bevölkerung aber offen: Eine Mehrheit findet, dass die Ausländerinnen und Ausländer mehr Rechte bekommen sollten. So sprechen sich 56 Prozent für eine automatische Einbürgerung der zweiten Generation aus. 65 Prozent glauben nicht, die Ausländerinnen und Ausländer seien schuld, wenn man sich auf der Strasse nicht sicher fühlt.

Link:
www.bfs.admin.ch> Statistiken> Bevölkerung> Migration und Integration

Jeder Fünfte mit Diskriminierungserfahrung

Die Erhebung gibt auch Auskunft über die persönliche Erfahrung von Diskriminierung in der Bevölkerung. Insgesamt gaben 21 Prozent der Befragten an, in den letzten fünf Jahren aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe (Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Nationalität, Religion, Hautfarbe, Sprache, Beruf, politische Einstellung, Behinderung) in der Schweiz diskriminiert worden zu sein. Ausländische Staatsangehörige (28 Prozent) sind stärker betroffen als Schweizer (19 Prozent), aber gleich stark wie die Bevölkerung mit Migrationshintergrund1 (29 Prozent).

14 Prozent aller Befragten wurden nach eigenen Angaben Opfer von spezifisch rassistisch motivierter Diskriminierung. Deutlich stärker davon betroffen ist die ausländische Bevölkerung (23 Prozent) beziehungsweise die Bevölkerung mit Migrationshintergrund (23 Prozent). Bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund gaben lediglich 8 Prozent eine rassistische Diskriminierungserfahrung an.

Rassismus für zwei Drittel ernstes Problem

56 Prozent der befragten Personen sind der Ansicht, dass die Integration der Migrantinnen und Migranten in der Schweiz gut oder sehr gut funktioniert. 43 Prozent beurteilen die Situation hingegen als eher schlecht oder sehr schlecht. Knapp ein Drittel sieht Rassismus nicht als aktuelles Problem. Die Mehrheit (66 Prozent) nimmt Rassismus hingegen als ernstes soziales Problem wahr.

Ein Drittel erachtet Massnahmen als ungenügend

57 Prozent der Befragten erachten die Massnahmen zur Rassismusbekämpfung als ausreichend, 6 Prozent finden sie übertrieben und 34 Prozent meinen, sie seien ungenügend. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Integra-
tionsmassnahmen: 51 Prozent der Bevölkerung halten sie für angemessen, 19 Prozent haben den Eindruck, dass zu viel unternommen wird und 29 Prozent finden im Gegenteil, es werde zu wenig getan.

Bund, Kantone und Gemeinden als Akteure gefragt

Gefragt wurden die Unzufriedenen in der Folge danach, welche Akteure mehr oder weniger etwas gegen Rassismus tun sollten. 30 Prozent der Personen, die mit der aktuellen Situation nicht zufrieden sind, sehen Bund, Kantone oder die Gemeinden in der Pflicht. Weitere 30 Prozent denken wiederum, dass dies in der Verantwortung jedes Individuums liegen sollte. 20 Prozent der Unzufriedenen sind der Ansicht, die Massnahmen seien durch Politikerinnen und Politiker zu ergreifen, 13 Prozent halten dies für eine Aufgabe der Schulen und Lehrkräfte, weitere 3 Prozent erachten die Ausländerinnen und Ausländer dafür verantwortlich.

Bei den Massnahmen zur Integration der Migrantinnen und Migranten sehen gar 46 Prozent der Unzufriedenen Bund, Kantone und Gemeinden in der Verantwortung. 19 Prozent denken, dass dies in der Verantwortung jedes und jeder Einzelnen liegt, während 13 Prozent meinen, dies sei Aufgabe der Ausländerinnen und Ausländer selbst. Die Politik (10 Prozent) sowie Schulen und Lehrkräfte (5 Prozent) spielen als Akteure ebenfalls eine Rolle, jedoch mit signifikant tieferen Anteilen.

Rangfolge der Akteure, die Massnahmen ergreifen sollen:

1 Zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund zählen ausländische Staatsangehörige, eingebürgerte Schweizerinnen und Schweizer (mit Ausnahme der hier Geborenen, deren beide Elternteile ebenfalls in der Schweiz zur Welt kamen) sowie gebürtige Schweizerinnen und Schweizer mit Eltern, die beide im Ausland geboren wurden.