Zusammenfassung des Artikels
« La politique d’intégration suisse est inadaptée à la lutte contre l’antisémitisme » (französisch)
Autorin
Sabine Simkhovitch-Dreyfus ist Anwältin und Vizepräsidentin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) und des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG).
sabine.simkhovitch@cabinetmayor.ch
Die Mehrheit der in der Schweiz lebenden Jüdinnen und Juden sind hier aufgewachsen. Sie nehmen aktiv am hiesigen Leben teil und sind auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt kaum benachteiligt. Dennoch ist die jüdische Minderheit immer wieder mit antisemitischen Handlungen und Hassbotschaften konfrontiert, wie mehrere kürzlich durchgeführte Studien belegen. Die schweizerische Integrationspolitik, und darin eingeschlossen der Kampf gegen Rassismus, hat zum Ziel, das Zusammenleben der einheimischen und ausländischen Bevölkerung zu fördern. Nun gehören Jüdinnen und Juden aber nicht zur ausländischen Bevölkerung, sondern sind Schweizer Bürgerinnen und Bürger. Die Verortung des Kampfs gegen Antisemitismus in der Integrationspolitik ist folglich weder mit dem Phänomen des Antisemitismus noch mit dem Zugehörigkeitsgefühl der Jüdinnen und Juden zur Schweiz zu vereinbaren. Darüber hinaus ist festzustellen, dass sich die Schweizer Jüdinnen und Juden kaum je an Integrationsfachstellen oder nichtspezialisierte Organisationen wenden. Sie vertrauen sich bei Erfahrungen mit Antisemitismus jüdischen Organisationen an, weil diese in der jüdischen Gemeinschaft bekannt sind, was eine Vertrauensbasis schafft, die in diesem Zusammenhang besonders wichtig ist. Der Hass gegen Jüdinnen und Juden und andere Minderheiten wird heute vorwiegend in den sozialen Netzwerken und allgemein im Internet verbreitet. Es ist deshalb wichtig, losgelöst von der Integrationspolitik nationale Präventionsprogramme zu entwickeln, die den gesellschaftlichen Herausforderungen und Entwicklungen entsprechen. Kurz gesagt: Die Vertreterinnen und Vertreter der jüdischen Gemeinschaft in der Schweiz sind der Ansicht, dass es höchste Zeit ist, unabhängig von der Aufnahme und der Integration der Ausländerinnen und Ausländer eine nationale Politik gegen Diskriminierung und Hassreden umzusetzen.