TANGRAM 38

«Hassverbrechen» und «Hassrede». Welchen Schutz für Migrantinnen und Migranten in der Schweiz?

Zusammenfassung des Artikels
«Crimes et discours de haine. Quelle protection pour les migrants en Suisse ?» (französisch)

Autoren

Nesa Zimmermann und Viera Pejchal sind Doktorandinnen am Institut für öffentliches Recht der Universität Genf.
nesa.zimmermann@unige.ch
viera.pejchal@unige.ch

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) definiert «Hassverbrechen» als durch Vorurteile gegen eine Personengruppe motiviertes strafrechtlich sanktioniertes Delikt. Bei der «Hassrede» ist es anders: Eine Rede ist als solche keine Straftat, kann dies jedoch aufgrund ihres Inhalts werden. In der Schweiz sieht Artikel 261bis des Strafgesetzbuchs (StGB) den rechtlichen Schutz gegen Hassverbrechen und Hassrede vor.

In gewissen Fällen kann sich dieser Schutz allerdings als lückenhaft erweisen. Tatsächlich erwähnt Artikel 261bis StGB nur drei Motive der Diskriminierung: die «Rasse », die Ethnie und die Religion. Diese enge Formulierung schliesst verschiedene häufige Motive der Diskriminierung wie die Nationalität oder die Rechtsstellung aus, von denen Migrantinnen und Migranten besonders betroffen sind. Durch eine restriktive Auslegung der Strafnorm in der Rechtsprechung des Bundesgerichts wird die Situation zusätzlich erschwert.

Im aktuellen sozio-ökonomischen Kontext ist in Europa eine Zunahme der Hassverbrechen gegen Migrantinnen und Migranten und Asylsuchende festzustellen. Die Tendenz steht in engem Zusammenhang mit einem politischen Diskurs, der nicht selten den Hass noch befördert. Zum besseren Schutz der benachteiligten Bevölkerungsgruppen wäre eine Revision von Artikel 261bis StGB wünschenswert. Zumindest aber sollte der Artikel die Möglichkeiten einer weniger restriktiven Auslegung der Strafnorm zulassen.