Das Konfliktophon bietet eine umgehende telefonische und somit niederschwellige Beratung bei interkulturellen Konflikten für in der Stadt Zürich lebende Einheimische und Zugewanderte.
Jedes Jahr greifen über 100 Personen zum Telefon und wählen die Nummer 044 415 66 66. Sie wenden sich an das Konfliktophon, weil sie am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft, in der Familie oder im öffentlichen Raum in einen interkulturellen Konflikt involviert sind, oder weil sie Erfahrungen gemacht haben, die sie als diskriminierend erlebt haben. Viele Anrufer schätzen auch die Möglichkeit, zu konkreten Fragen des Zusammenlebens rasch eine erste Einschätzung zu bekommen.
Die Erwartungen der Ratsuchenden ans Konfliktophon sind je nach Ausgangslage und Problemstellung sehr unterschiedlich. Die Bandbreite geht dabei von Vermitteln von Sachinformationen bis hin zur Vermittlung zwischen Konfliktparteien vor Ort oder einer anwaltschaftlichen Vertretung der ratsuchenden Person. Aus diesem Grund wird viel Wert darauf gelegt, vor Beginn des Beratungs- oder Interventionsprozesses zu klären, ob den Erwartungen entsprochen werden kann. Falls dies nicht der Fall ist, werden alternativen Unterstützungsmöglichkeiten abgeklärt. Allenfalls werden die Betroffenen an andere Stellen wie beispielsweise die städtische Ombudsstelle oder Opferberatungsstellen vermittelt.
In rund einem Drittel der Fälle kann die Situation mit Beratungsgesprächen geklärt werden. In zwei Dritteln kommt es in der Folge zu einer Mediation, wie ein Fallbeispiel zeigt.
Eine eritreische Familie fühlt sich vom Mitarbeiter eines Sozialdienstes schlecht behandelt und durch seine Entscheide benachteiligt. Gemäss Aussagen der Familie soll der Sozialarbeiter in den Beratungsgesprächen die Familie als «Schmarotzer» und «faul» bezeichnet haben. Zudem habe der Sozialarbeiter einen Fehler beim getroffenen Leistungsentscheid gemacht und die Familie diesbezüglich nicht rechtzeitig informiert. Der Berater des Konfliktophons nimmt mit dem zuständigen Sozialarbeiter Kontakt auf. Das Vermittlungsangebot wird zunächst abgelehnt. Es folgt eine Kontaktaufnahme mit dem Leiter des Sozialdienstes, worauf schliesslich ein Gespräch mit dem Sozialarbeiter, dem Leiter des Sozialdienstes und der Familie stattfindet. Der zuständige Berater des Konfliktophons begleitet die Familie zu diesem Gespräch. Im Gespräch wird deutlich, dass der Sozialarbeiter gegenüber der Familie bzw. Migrantinnen und Migranten aus Afrika Vorurteile hat. Der Wunsch der Familie nach einem Beraterwechsel wird vom Leiter zunächst abgelehnt. Nachdem die Zusammenarbeit weiterhin konfliktiv verläuft, kommt es zu einem zweiten Gespräch mit den involvierten Beteiligten. Da die vorurteilsbehaftete und benachteiligende Haltung des Sozialarbeiters nochmals deutlich sichtbar wird, ordnet der Leiter des Sozialdienstes einen Beraterwechsel an. Im Anschluss an den Entscheid bringt das Konfliktophon gegenüber dem Leiter des Sozialdienstes zum Ausdruck, dass eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit bestehenden Vorurteilen bei den involvierten Fachpersonen empfehlenswert wäre.
Für die zuständige Beratungsperson besteht die Herausforderung darin zu entschlüsseln, inwiefern das vorliegende Problem oder die Notlage des/der Ratsuchenden tatsächlich durch das unterschiedliche herkunftsspezifische Selbstverständnis der Beteiligten verursacht ist, oder auf eine erfahrene fremdenfeindliche oder rassistische Diskriminierung zurückzuführen ist. Strukturelle Machtgefälle müssen immer mitbedacht werden. Dieser «Entschlüsselung» wird daher grosses Gewicht beigemessen, weil hiervon massgeblich abhängt, ob sich die Ratsuchenden mit ihrem Anliegen ernst genommen fühlen. Denn dies ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass sich ein nachhaltiges Arbeitsbündnis entwickelt, welches wiederum den Wirkungsgrad der Unterstützung durch das Angebot des Konfliktophons beeinflusst. Ein wesentlicher Aspekt in der Umsetzung des Beratungskonzeptes besteht somit darin, diesen Analyseschritt bewusst vorzunehmen. Dieser stellt auch die Grundlage für die Festsetzung des Beratungs- oder Interventionsziels dar. Komplexe Fälle und Fragestellungen werden nach Bedarf im Rahmen einer Intervision oder Supervision reflektiert.
Das Methodenkonzept basiert auf einem Mehrstufenmodell. Im Rahmen der Stufe 1 finden einmalige oder mehrmalige telefonische Beratungen statt, in der Stufe 2 erfolgen auch persönliche Beratungen. In der Stufe 3 finden dann nach Bedarf auch Interventionen und Mediationen vor Ort mit den involvierten Konfliktparteien statt, wie das erwähnte Beispiel der eritreischen Familie zeigt.
Im Rahmen der persönlichen Beratungen gelingt es den Betroffenen erfahrungsgemäss besser, Vertrauen zu fassen und ihre konkreten Problemstellungen zum Ausdruck zu bringen und mit Unterstützung der Berater/in Lösungen zu erarbeiten. Gleichzeitig fällt auf, dass es den Anfragenden in telefonischen Gesprächen weniger gut gelingt, ihre Anliegen nachhaltig zu artikulieren.
Inhaltlich basiert die Beratung auf verschiedenen Prinzipien bzw. Grundhaltungen, welche für den Beratungsprozess bzw. die angestrebte Wirkung als kritische Erfolgsfaktoren betrachtet werden können. Die Fachpersonen des Konfliktophons begegnen den Konfliktbeteiligten mit Respekt und Achtung und tragen damit dazu bei, dass diese sich mit ihren Anliegen ernst genommen fühlen. Dies ermöglicht den nachhaltigen Aufbau einer Vertrauensbasis. Die Unterstützung durch das Konfliktophon erfolgt dabei unbürokratisch, wenn nötig kann sofortige Hilfe angeboten werden. Das Rollenverständnis der Fachpersonen des Konfliktophons sieht vor, dass die Möglichkeiten und Grenzen gegenüber den Beteiligten von Anfang an transparent gemacht werden.
Die Allparteilichkeit bei interkulturellen Problemen und Konflikten bedeutet, dass keine der Konfliktparteien willkürlich bevorzugt wird. Gleichzeitig werden die strukturellen Machtunterschiede beachtet und benannt. Im Beratungsprozess werden grundsätzlich Problemlösungen angestrebt, die alle Beteiligten akzeptieren können. Bei Fremdenfeindlichkeit und rassistischer Diskriminierung erfolgt eine parteiliche Unterstützung des Opfers, welche darauf abzielt, eine erfolgte Diskriminierung aufzudecken und zu unterbinden. Gewaltanwendung als Strategie der Konfliktlösung wird grundsätzlich vom Konfliktophon nicht akzeptiert. Wird diese angedroht oder angewendet, so stellen sich die Fachpersonen des Konfliktphons auf die Seite des potentiellen Opfers und setzen sich gezielt dafür ein, dass Gewalttäter in ihrem Handeln gestoppt und zur Rechenschaft gezogen werden.
Une aide directe au bout du fil
(Kurzversion)
Basta una telefonata per non rodersi inutilmente il fegato
(Kurzversion)